Mittwoch, 21. Dezember 2011

Istanbul, du bist nicht mehr mein Freund.


Istanbul, eine glänzende Pracht, dessen Geschichte und Vision die gesamte Welt erleuchtet. Alle wollen nach Istanbul. Die Stadt platzt aus allen Nieten. Während 2005 ca. 12 Millionen Menschen in Istanbul lebten, sieht es heute nach knapp 7 Jahren schockierend anders aus. Die Zahl wird auf 20 Millionen Menschen geschätzt. Touristen, Einwanderer von überall auf der Welt, Studenten, Arbeiter, Investoren. Alle sie wollen nach Istanbul.
Immer mehr Menschen googlen Istanbul. Es scheint so, als könnte Istanbul das New York von Europa sein. Das Land der Hoffnungen.
Bei mir sah es nicht anders aus. Jahrelang träumte ich von einem Leben in Istanbul und ja ich habe es geschafft. Ich bin eine ganz tolle Studentin an einer privaten Universität in Istanbul. Aber wo ist denn nun der Rest? Das Leben in Fame, Publicity und Ruhm? Haha. Ok, man muss es mit den Träumen ja nicht gleich übertreiben. Aber wo ist denn das unbeschwerte Leben in Istanbul, in dem man sich täglich chill-out Abende am Wasser gewünscht hat, am Besten in Begleitung mit einem Gitarristen im Schatten der Bosporus-Brücke?
Wo sind all die neuen Menschen, die ich kennenlernen wollte, die zu meinen neuen Netzwerk werden sollten? Durch die ich neue Eindrücke erfahren wollte?
Wo sind die coole Istanbuler- Studenten, mit denen ich nach dem Unterricht auf dem Campus noch chillen und heiß diskutieren wollte?
Wo sind die unglaublichen Job-Angebote, die mich zur Millionärin machen sollten?
Wo sind all die Regisseure, Casting-Direktoren und CEO´s , die mich entdecken wollten? Haha.
Wo sind die netten Nachbarn, die mich auf einen Börek und Cay einladen wollten, wenn ich abends zu Hause saß und mir langweilig war?
Wo ist mein Istanbul, das durch seine Gastfreundlichkeit, jeden in die Arme nehmen würde, gleichgültig welcher Herkunft oder Nationalität.
Wo, wo , wo???
Nirgends. Nirgendwo. Ich kann nichts dergleichen finden. Alle Träume sind ins Wasser gefallen.
War ich etwa zu optimistisch? Habe ich etwa zu viel geträumt? Wo ist mein liebes Istanbul, das ich aus meinen Kindheitserinnerungen kannte? Wo ist mein Istanbul, das ich aus meinen Urlauben kannte? Und wo ist mein Istanbul, das ich aus den Medien kannte?

Istanbul. Mehr Schein als Sein. Hast du was, bist du was. Ganz einfach. Eine Stadt, die so groß ist, dass ein einzelner Mensch darin verloren geht. Eine Stadt, die so überdimensional ist, dass der Wert eines einzelnen Menschen nur anhand seiner Kontakte und seiner Scheine in der Tasche gemessen wird.
Gefüllt mit schimmernden Hoffnungen traf ich hier ein und erfuhr jeden Tag, dass ich nur Eine von Vielen war.
Eine, die im Kampf um den Aufstieg, sich in einer Masse von hilflos schreienden Krähen befand. Eine, die auch nur einen Fisch verschlingen wollte. Doch die Fische waren heiß begehrt und nur für die zu haben, die auch Opfer bringen würden.

Ich schreibe sehr metaphorisch, ich weiss. Doch anders kann ich meine Wahrnehmungen nicht besser beschreiben. Ich versuch es mal.

Jeden Tag lerne ich Menschen kennen, die aus den verschiedensten Teilen der Welt nach Istanbul strömen, um hier die unerfüllten Träume zu verwirklichen. Menschen, die frisch aus Arabien eingereist sind, weil sie während der arabischen Revolution unter Anderem in Ägypten politisch verfolgt wurden. Menschen, aus dem tiefen Anatolien, weil sie in den Bergen, in denen sie lebten, keine humanen Lebensbedingungen mehr fanden. Der Grund: Die türkische Regierung, die dort mit Waffen und Bomben, die PKK-Guerilla bekämpft.
Auch Menschen aus dem Balkan, die sich in Istanbul bessere Arbeitsbedingungen erhoffen.
Aus Amerika, China, Japan, Australien, Germany, aus ganz Europa und auch aus Afrika trifft man in Istanbul Menschen, die in den Strassen gefälschte Uhren verkaufen. Das Ziel ist eindeutig.
Sie alle wollen Geld verdienen.
Ein Großer Markt, mit einer noch größeren Nachfrage, in der die Arbeitgeber über die Arbeitskonditionen und Löhne so frei entscheiden können, wie die Wolken über den Regen.
Hier in Istanbul, so habe ich erfahren, ist es egal, wer du bist. Du bist nur Irgendjemand. Keiner interessiert sich für deine Lebensgeschichte. Niemand will erfahren, was du als Kind geliebt hast. Keiner fragt nach deiner Familie und deinen Idealen. Du bist eine laufende Profil-Karte mit einem einzigen Stempel: Wen kennst du und wie viel besitzt du? Und wenn du beides dieser Fragen mit einer negativen Antwort entgegnest, dann zählt nur: WAS WÜRDEST DU BIETEN, um deinen Traum zu erfüllen?
Eine sehr herausfordernde aber meistens schmerzende Frage.

Ich habe erfahren, dass Istanbul gewachsen ist. Istanbul, du bist erwachsen geworden. Du warst anders, als ich ein Kind war. Damals warst du gut zu mir. Du konntest mit mir spielen, mich zum Lachen bringen. Mich glücklich machen. Damals schenktest du mir jeden Morgen ,,Misir" mit Salz drauf. Misir sind Maiskolben. Sie machten mich damals so glücklich. Ich freute mich jedes Jahr auf Istanbul, um wieder den schwarzbärtigen Maiskolben-Verkäufer zu treffen, der jeden Morgen so lange ,, MISIIIIIR" rief, bis meine Geschwister und ich aufwachten und uns damit bescherrten.
Istanbul war für mich als Kind, das Land der Musik und Freude. Überall ertönte laute Musik aus allen Läden und Autos. Selbst aus den Bussen und Taxen. Jedes Mal als ich die Strasse betrat, schien es so als würde ich eine gigantische Hochzeit betreten, auf der jeder eingeladen war. Jeder schien willkommen zu sein. Eine große Familie empfing mich, wenn ich die Strassen betrat. Ich fühlte mich angekommen in einem Land, das mich erwartete. Liebe umgab mich, wenn ich Istanbul hörte. Meine Kindheitserinnerungen waren so bunt, dass ich Nachts immer von meiner Zeit in dieser Stadt träumte. Ich erinnerte mich an meine Verwandte, die mich in ihre Arme nahmen und für mich kochten. Ich hatte das Gefühl, dass sie mich nie wieder loslassen wollten und am Liebsten mich 24 h pflegen wollten. Überall sah ich Kinder, die spielten und nur zu nach neuen Freunden riefen. Wenn sie mich sahen, behandelten sie mich wie einen kleinen Star und umhüllten mich mit ihrer Begeisterung für mich. In Istanbul war ich immer ein Stern. Und Istanbul war mein Stern.
Doch wie ich nun vermerkt habe: Es war einst einmal....

Nun da ich älter bin, sehe ich die Wahrheit. Ich wünschte alles wäre so geblieben, wie in meinen Träumen. Ich konnte zumindest in meinen Visionen in diese Stadt fliehen und dort mein Glück finden.
Doch mit den Jahren wächst auch Istanbul. Nicht nur die Anzahl seiner Einwohner und seiner Fläche. Auch die Größe seines Selbstwertgefühls. Heute bist du für mich unerreichbar geworden und ich lasse los.
Ich kehre zurück an den Ort, an dem ich Gross geworden bin. Dort gehöre ich hin. Hamburg ist meine Mutter.
Der Ort, der mich prägte-Der Ort, der mich zu dem machte, der ich jetzt bin.
Heute weiss ich, wie schön mein Leben in Hamburg war. Ich brauche meine Vision von Istanbul nicht mehr. Denn ich habe erfahren, dass mein Leben in der Gegenwart viel schöner ist, als in meinen längst verflossenen Träumen von Istanbul.
Eigentlich bin ich dir dankbar, Istanbul. Ich habe nun erfahren, wie glücklich ich doch ohne dich war.

Dienstag, 15. November 2011

,,Die Götter sind auf uns eifersüchtig...!"


Istanbul, Maltepe

Heute ging ich wie gewöhnlich zur Uni. Ich war wie so oft die meiste Zeit alleine. Nicht, dass ich mich den Menschen gegenüber verschließen würde, aber scheinbar trauen sich die Meisten nicht an das neue, westlich gekleidete und selbstbewusst ertrahlende Geschöpf heran. Vielleicht liegt es wohl auch daran, dass ich etwas zu selbstsicher erscheine. Das könnte einiges erklären. Vielleicht haben die Leute aber auch einfach keine Lust auf mich. Desinteresse? Ich weiss es nicht. Wahrhscheinlich wirke ich einfach uninteressant. Who cares. Jedenfalls saß ich in der Kantine und aß an meinem Mittagsmenü. Um mich herum waren zahlreiche Studenten in ihren Gruppen völlig hysterisch quatschend über die anstehenden Klausuren. Mich rührte diese Hysterie herzlich wenig. Ich empfand absolut keine Aufregung für die bevorstehenden Klausuren. Ich weiss nicht warum. Irgendwie war es mir egal, wie ich diese bestehen würde. Mir war die Motivation und die Energie dafür vergangen. Ich hatte mir in Istanbul, das Leben an der Uni doch so anders vorgestellt.

Hätte ich denn ahnen können, das ich die meiste Zeit alleine vor dem Laptop verbringen werde? Hätte ich denn wissen können, dass Facebook und Skype mir zum besten Freund werden? Hätte ich denn vorhersehen können, dass ich die einsamste Zeit meines Lebens ausgerechnet während meines Auslandsstudiums erleben werde?

Natürlich habe ich mich mit einigen Studenten aus meinen Kursen unterhalten. Aber mehr als ein ,, Magst du Deutschland oder die Türkei mehr? "- war es nicht. Oder aber ,, Wie viel Geld bekommst du monatlich als Förderung?".
Fuck you. Warum interessiert sich jeder Bergbauer und jeder angehende Akademiker für mein Budget? Es reicht. Hallo, wissen diese Menschen denn nicht, dass mein Charakter, meine Gedanken und Ideen weitaus reicher sind, als die leppischen 800 Euros, die ich monatlich erhalte???

Aber ich ärgere mich nicht mehr drum. Leider habe ich aufgegeben mit der Hoffnung einen guten Freund zu finden. Ich hatte anfangs versucht mich einer Mädchengruppe aus meiner Klasse anzuschließen, aber nach nur wenigen Tagen distanzierte ich mich obwohl ich noch immer mit einer von Ihnen eine WG teile.
Ich möchte nicht abwertend sein, ich versuche oft diese Art zu vermeiden, aber die Gespräche dieser jungen, türkischen Mädchen sind mir einfach zu primitiv. Ständig lästern sie darüber, wer die Hausaufgaben mit anderen teilt und wer nicht. Und wer mit wem aus der Uni ausgeht. Klar sollen solche Gespräche auch stattfinden, aber doch nicht ausschließlich?
Außerdem fragt man überhaupt nicht nach mir. Nicht dass ich absolute Aufmerksamkeit möchte, aber zumindest möchte ich Interesse in den Augen meiner angehenden Freunde sehen. Keiner von Ihnen weiss zum Beispiel, dass ich 2 Geschwister habe, dass meine Eltern noch am Leben sind und dass ich in Hamburg Politikwissenschaften studiert habe.
Wieso sollten sie es auch wissen? Keiner fragt danach. Und ich möchte mich auch nicht dahinstellen und von mir berichten, wenn ich sehe, dass keiner auf mich zukommt. Dieses mangelnde Interesse hat mich sehr enttäuscht. Ich hätte mir so sehr gewünscht, dass ich neue Freunde aus einem anderen Ort der Welt für mich gewinnen könnte.Ich hätte mir sehr gerne gewünscht, dass ich die Einstellung zum Leben, die moralischen Ideen der Istanbuler Studenten erfahren könnte. Ich hätte mir auch gewünscht heiße Diskussionen über politische Themen führen zu können. Schließlich studiere ich doch International Relations und Political Science. Das Problem ist einfach, dass ich die einzige Erasmustudentin in meinem Department bin und einfach so ohne eine Ansprechperson vor mich hin studiere. Man sagt auch, dass die Studenten von der Maltepe Universität Kinder aus reichen Familien sind und deswegen sehr hochnäsig und primitiv sind. Aber diesem Vorurteil möchte ich mich nicht anschließen. Was ich jedoch bestätigen kann, dass diese Studenten mehr als desinteressiert sind. Warum? I dont know. Aber Desinteresse ist immer schlecht.
Jedenfalls saß ich in der Kantine mit dem Kopfhörer in den Ohren und schaute Nachrichten übers Iphone. Plötzlich setzten sich zwei männliche Studenten aus meiner Klasse an meinen Tisch und lächelten mich an. Ich wunderte mich. Es sollte anscheinend zwei Monate in Anspruch nehmen, bis sich die ersten Kerle aus meiner Klasse an mich heran trauten. Ich lächelte zurück. Und sie fragten nach meinem Namen und weshalb ich doch immer so alleine wäre. Hallo gehts noch ihr Eierrollen, dachte ich im ersten Moment! Welcher Erasmus Student möchte schon alleine sein? Und da antwortete ich: ,, Ja, weil keiner von euch mit mir redet!" Haha, so selbstlos war ich ja noch nie. Aber ich musste es halt auf den Punkt bringen.
Doch dann entwickelte sich ein netter Smalltalk und wir verabredet uns abends auf einen Cafe. Ich war neugierig. Das erste Mal nach zwei Monaten sollte ich meine Klassenkameraden kennenlernen.
Oytun und Taygun waren schon vor Ort am Tisch. Ich setzte mich zu ihnen und das Gespräch fing mit den üblichen ,,Deutschland-oder-Türkei" Fragen an. Mittlerweile hatte ich die Antworten schon auswendig gelernt und ratterte sie nur noch herunter. ,, Türkei ist die Heimat meiner Eltern und Deutschland ist mein Zuhause", sagte ich jedes Mal. Und ich fügte hinzu, dass ich Gott dafür danke, dass ich mit zwei Kulturen aufgewachsen bin. ,,Kader" sagte ich dann, was so viel wie ,,Schicksal" heisst.
,,Bist du etwa Muslimin?", fragte mich Taygun. Ich sah ein Entsetzen in seinen Augen.
Und Oytun schaute auch schon grimmig.
,,Ja natürlich, ich glaube an Allah und bin Muslimin. Weshalb wunderst du dich?"
Oytun fing an zu lachen. ,,Du glaubst doch nicht etwa, dass es nach dem Tod eine Hölle und ein Paradies gibt? Das ist doch ein Schwachsinn. Und diese Schleierollen glauben so sehr daran, dass sie ihr Leben lang mit schwarzen Gewändern durchs Leben marschieren."
 Taygun bestätigte diesen Gedanken.
Ich war überrümpelt. Wieso machten sie sich über meinen Glauben lustig? Wieso konnten sie so taktlos meinen Glauben niederschmettern. Irgendwie war ich baff. Nicht einmal in Deutschland, einem Nicht-Muslimischen Staat  wurde mein Glaube derart angegriffen. Ich wollte aber ruhig bleiben und erst einmal erfahren, weshalb sie so radikal in ihrer Haltung waren.
Ich erklärte Ihnen, dass ich an einen Schöpfer glaube, weil die Komplexität dieses Lebens und des Universums einem hochintelliegenten Design unterliegt. Weiterhin erklärte ich, dass Wissenschaftler mikroskopisch kleine Zellen entdeckt hätten, dessen Aufbau unbegreiflich sind und man mit menschlicher Hand und Technologie niemals solch eine Perfektion nachahmen könnte. Doch das rührte sie nicht.

,,Wir sind Atheisten", bekannten sie sich stolz. ,,Mit dem Tod hört alles auf. Seit Jahrmillionen werden die Menschen verarscht und sie alle glauben an ein Leben nach dem Tod, weil sie schwach sind. Aber wir sind stark genug in unserem Geist und können auch ohne diese Fantasiegeschichten leben."

Ich spürte diese überhebliche Art von Überzeugung. Außerdem erkannte ich eine trotzende und rebellierende Art, die ihr eigenes Wissen oder ihren eigenen Standpunkt über das der Anderen stellte. Das konnte ich nicht dulden. In Deutschland lernte ich, dass man gegenüber jedem Glauben Respekt haben sollte. Noch nie wurde ich derart mit meinem Glauben konfrontiert. Dass man dazu Fantasiegeschichte und Schleiereule sagte, war mir fremd. Aber ausgerechnet in einem so muslimischen Land wie der Türkei, auf diese Weise verspotttet zu werden, nahm mich aus der Fassung. Ich wusste ich konnte nicht über meinen Glauben diskutieren. Ich wollte meinen Glauben auch nicht durch Argumente verteidigen. Ich wusste es hätte keinen Sinn gehabt. Erst recht bemerkte ich es, als Oytun dann sagte: ,, Weisst du was, vor zwei Jahren ist mein Vater gestorben. Ich bin nicht ein einziges Mal an sein Grab gegangen, weil ich genau weiss, er ist nicht dort. Er ist verschwunden. Was bleibt, sind die Erinnerungen. Wenn ich gedenken möchte, nehme ich eine Flasche Raki und setze mich ans Wasser. Das reicht mir. So hat es mein Vater auch bei meinem Opa gemacht."
Ich war erstaunt. Ich fand es interessant, diese neue Lebensweise zu erfahren. Ich wurde neugierig und wollte erfahren, woher er sich die Kraft nahm, seinen Vater so totzuschweigen. Ich könnte niemals mit dem Gedanken zur Ruhe kommen, dass meine Mutter ins Nichts verschwindet. Egal, wie sehr ich mich weiterbilde, egal wie viel Goethe, Einstein, Darwin und Newton ich lese. Mein Glaube an ein Jenseits wird bleiben. Und dieser macht mich stark.
Oytun wurde ruhig. Als wollte er mich bekehren schaute er mich an.
 Und dann sagter er:

,,Gökcen kennst du den Film Troja? Dort sagte der eine Prinz: ,, Die Götter sind auf uns Menschen eifersüchtig, weil wir sterblich sind." Alles was wir erleben, erleben wir nur einmal. Alles was wir schmecken, schmecken wir nur einmal. Jeder Moment ist einmalig. Diese Einmaligkeit macht unser Leben so besonders und deswegen müssen wir unser Leben genießen. Diese Einmaligkeit macht jeden Moment einzigartig. Gökcen lerne zu begreifen, dass du hier und jetzt lebst. Lebe nicht für ein Leben danach, Lebe für heute. Wenn du genau weisst, dass Leben endlich ist, dann weisst du jeden Moment zu schätzen."

Irgendwie machte mich das nachdenklich. Ich war durch diese neue Sichtweise erleuchtet worden. Nicht, dass ich meinen Glauben ans Jenseits verlor. Aber ich war begeistert durch diese neue Sichtweise, die logisch gesehen, einleuchtend ist. Ich war fasziniert, dass ein junger Mann trotz des Todes seines Vaters das Leben nach dem Tod ablehnte. Er wollte nicht einmal daran glauben. Für mich war er sehr stark. Ich war glücklich einen neuen Menschen kennengelernt zu haben, der mir das Leben aus einem neuen Winkel zeigen konnte. Heute hatte ich gelernt, dass es auch Menschen gab, die ohne Religion glücklich sein konnten. Doch vielleicht war es auch nur eine Fassade. Ich weiss es nicht. Doch auch wenn er Recht haben sollte. Ich bin glücklicher mit dem Gedanken an ein Jenseits. Ich bin glücklich mit meinem Glauben zu Allah. Und was die Wahrheit ist, werden wir womöglich niemals erfahren. Doch deswegen heisst es ja eben Glaube. Und jeder soll so leben wie er glaubt. Ich bin jetzt müde. Und möchte schlafen. Vielleicht werde ich morgen, eine andere Perspektive gewinnen. Ich wünsche es mir.

Freitag, 21. Oktober 2011

Barbies,Botox und Champagner im Club Reina Istanbul


Short info about Club Reina:
Entrance fee/ Eintritt to the club on Fridays and Saturdays:
50 turkish lira /20 Euro
From Sunday until Thursday FREE ENTRANCE for women/men.
And its not true, that you are forced to buy a bottle of Champagner or Wine. You can also enjoy your evening by drinking water.

Reina. ,,Bu gece Reina´ ya gidiyoruz." ( ,,Heute Abend gehen wir ins Reina.)
Wer diesen Satz ausspricht, gehört wohl bekanntlich zur Elite Istanbuls. Und das ist wohlbekanntlich der Traum aller Einwohner dieser prächtigen Stadt. Reina gehört zu den führenden Clubs weltweit und wird überwiegend von Stars und VIP-Gästen, darunter It-Girls, Fussballer, Sänger, Schauspieler, Touristen und natürlich von Neureichen und ,,Blendern" besucht.
Wer in diesen Club einen Einlass gewährleistet bekommt, darf sich freuen. Denn dann darf er sich offiziell als Teil der Glamour-Elite zählen. Applaus. Bravo. Welch ein Erfolg. Heute Abend war ich also Glamour.
Ich war nämlich im Reina. Allerdings nicht zum 1. Mal. Aber zum ersten Mal ziemlich leasure gekleidet und ziemlich passiv drauf. Ich hielt meine Kamera in der Hand, trank mein Mineralwasser und zog mich zurück. Heute wollte ich nicht tanzen. Ich wollte lieber beobachten. Zusehen, wie die sich selbstbekennende ,,Sosyete" feiert. Doch was ich sah, waren nicht erfreute Menschen, die zum Klang der Musik sich bewegten. Ich sah irgendwie nur schwer stolzierende Barbies mit herangeklebten Nasen, die alle irgendwie identisch miteinander waren. Irgendwie sah ich fast mehr Botox als Menschen. Fast alle Frauen hatten den selben krampfhaften Blick drauf, nach dem Motto: Schaut her, ich bin es. Haha. Irgendwie witzig. Kein Lächeln in Sicht. Waren diese Menschen denn nicht zum Feiern hier?
Die Männer stehen stolz an ihren reservierten Tischen mit ihren Champagners, die knapp 1000 Euro kosten. Und an jedem Tisch stehen mindestens zwei dieser eben benannten Barbies, die streng in die Menge schauen, so als ob sie sich von anderen Raubkatzen bedroht fühlen würden. Die gierigen Blicke der Männer, die fast in Champagner gebadet sind, gleiten über die Körper dieser Puppen und pressen sie ran an ihr Leib.
In solchen Momenten erkenne ich dann das Grinsen dieser strengen Puppen und sie schreien unlaut: Ja, er steht auf mich.
Mir scheint es fast so, als würden diese Frauen, die Männer wegen ihrer Champagnerflaschen, ihrer Krawatten und ihrer ,,Reina-Majestät" vergöttern. Nicht selten hört man von dem Begriff ,,parali Asker", was so viel wie ,,bezahlte Soldaten" heisst. Auf gut Deutsch: Frauen, die sich kaufen lassen. Für einen Abend. Für einen Abend im Reina.
Mich widern diese strengen Farben der laufenden Masken an. Ich muss kotzen. Ich sehe Menschen, die im Wahn des Geldes und des Ruhms, den Draht zur Wahrheit verloren haben. Klar, definiert jeder Wahrheit anders. Aber ist es Wahrheit, sein Wohlbefinden und sein Ego auf ein paar zerbrechliche Champagnerflaschen aufzubauen? Nein, nicht wirklich.
Ich nehme mein Glas, trinke mein Mineralwasser und bewege mich leicht zum Klang der Musik. Alleine. Ganz alleine am Tisch. Grimmige Blicke treffen auf mich.
 ,,Was sucht die denn alleine hier?``
 ,,Ist das vielleicht eine ,,parali Asker", die nach reichen Männern sucht? Oder ist sie etwa so rich, dass sie es sich einfach leisten kann, entspannt zu feiern?``

Haha. Ich glaube das wars für heute Abend mit Reina. Tschüss. Und auf nimmerwiedersehen.


                                                Ich im Reina, direkt an der Bosporus-Brücke.

Sonntag, 16. Oktober 2011

Part 5 ist in Arbeit

Liebe Freunde,

ich weiss, ich bin etwas im Verzug mit dem nächsten Part meiner Istanbul Dokumentation. Doch das Problem ist leider, dass meine Freundin, die die Regie führt, nun für 2 Wochen nach Deutschland zurückgeflogen ist und ich ohne ihre Mithilfe nicht voran komme, da ich mich schlecht selbst dokumentieren kann. :) Also habe ich mich nun entschlossen, dass ich während meiner Trips in Istanbul mich von ,,FREMDEN HÄNDEN" -Istanbuls aufnehmen lassen werde. Allerdings ist es nicht leicht, eine so wertvolle Kamera in die Hände fremder Menschen zu geben. Deswegen agiere ich immer nach Gefühl und nicht oft kann ich einfach irgendwelchen Passanten auf der Strasse vetrauen. Doch keine Sorge, ich komme voran, da ich nun endlich einen Studenten aus der Maltepe Universität kennengelernt habe, der im Bereich Medien und TV studiert. Zu meinem Glück hat er mir versprochen mich vollkommen zu supporten. :)))) Für mich ist nun eine Sonne aufgegangen, da ich nicht nur eine starke Unterstützung sondern gleichzeitig auch einen professionellen Freund gefunden habe, der mir bei meinen Drehs helfen wird, mich zu verbessern. Also macht euch gefasst auf weitere ereignisreiche Trips und Shortcuts hier in Istanbul.

Ich arbeite fleißig weiter und küsse euch... :))

Gökcen M.

Dienstag, 4. Oktober 2011

Istanbul - Elite im Aufbruch








Während ich hier in Istanbul nun seit knapp 4 Wochen lebe, bin ich nur all zu oft auf wohlhabende Millieus und Clientes gestoßen. Es scheint fast ein Kampf in der Gesellschaft zu herrschen im Wettbewerb, um das prächtigste Auto und die teuersten Taschen und Handys. Wer hat, der zeigt auch. Wer nicht hat, traut sich nicht einmal in die angesagten Cafes oder Bars. Denn ohne ein teures Auto nähert man sich nicht an diese populären Gaststätten, wo vor der Tür bereits die Servicekräfte warten, um die angekommenen Gäste zu empfangen und die Autos zu parken. Ich habe es natürlich leicht. Ich bin jung, ich bin eine Frau und ich sehe westlich aus. Dass ich mit der Bahn und dem Bus komme, sieht keiner. Und selbst wenn? Durch meine selbstbewusste Art, würde diese Tatsache wiederum ausgeblendet werden in den Köpfen der neu herangewachsenen Istanbuler -Elite. Tritt man im Cafe ein, sieht man auf allen Tischen die neuesten Blackberry Modelle und Iphones erstrahlen. Wie gesagt, wer hat, der zeigt auch. Und wenn man dann halt nicht so ein teures Handy besitzt, dann versteckt man diese unter dem Portemonnaie auf dem Tisch. Ich übertreibe nicht. Und ich lüge auch nicht. Dieses PHÄNOMEN habe ich leider nicht nur 3 oder 4 Mal beobachtet. Es scheint mittlerweile eine Art Kultur zu sein. In den Cafes wie z.B. Midpoint oder Cafe Cadde halten sich wohlbekanntlich nur die Reichen und Schönen auf. Und wer dort eintritt wird erst einmal ins Visier der Gäste genommen. Es fühlt sich wie ein Laufsteg, der allerdings von Tischen und sehr kritischen Blicken umgeben ist. Dass ich nun über diese Verhältnisse schreibe, soll keineswegs bedeuten, dass ich besonderen Wert auf Geld lege, nein es soll nur wiederspiegeln, dass die Neue Generation in Istanbul, besonders viel Wert auf Geld legt und dies natürlich auch bemerkbar macht. Sobald man im Cafe sitzt, hat man das Gefühl, als sei man im reichsten Staat der Welt angekommen. Alle 3-5 Minuten fährt ein besseres und gigantischeres Auto vor das Cafe und für einen Moment scheint es ruhig zu werden.
 ,,Wer ist das?" , ,,Was macht er beruflich?" ,,Ist das wirklich sein Auto?"

Diese Fragen beschäftigen viele der Gäste, denn wohlbekanntlich gibt es auch viele ,,Blender", die sich in die reichen Societys einschleusen möchten, um für einen Moment einer von Ihnen zu sein und eventuell Kontakte zu knüpfen. In Istanbul betont man deswegen auch immer wieder, dass es meist die Chauffeure von reichen Familien sind, die mit diesen Autos für ein paar Stunden die Könige der Strassen sind. Deshalb wird erst einmal der TÜV-Test an jeder Person gemacht.

Im Zuge dieser Beobachtung habe ich mich zurück gezogen. Es war teils sehr amüsant aber auch sehr bedrückend, diese Beobachtungen gemacht zu haben. Allein, dass es bereits Theorien darüber gibt, dass man eventuell nur ein Chauffeur ist, wenn man solch ein Auto fährt. Das zeigt mir natürlich, wie sehr das Reichtum anderer die Menschen beschäftigt. Ausschließlich ihr Capital. Eines Nachts zog ich mich dann zurück und diese Eindrücke inspirierten mich anschließend für die folgenden Worte.

Zitat Anfang:

Und werden Sie nicht eines Tages davon gehen?
Werden Sie nicht alles, was Sie haben, zurück lassen?
Wird nicht alles, worum gesorgt, wonach gestrebt, ins Nichts verschwinden?

Gewiss, es gibt kein Entkommen. 
Doch wie könnten Sie dann noch so gleichgültig sein?
Wie könnte der Mensch, dieser Tatsache wohlwissend, so leben, als sei dieses Leben von Ewigkeit?
Wie könnte er die letzte Fahrtstrecke ignorieren?

Und Sie sagen: ,, Ich lebe nur einmal, ich will mein Leben genießen!"

Doch nur, weil man einmal lebte, kehrte man den Rücken dieser Verantwortung?
Eben, weil man nur ein einziges Mal lebte, sollte man sich doch der Frage nach dem Tod stellen.

Und dann antworten Sie: ,, Nur weil ich eines Tages stürbe, sollte ich in Bange leben?

Oh, Ihr Blinden. Versteht Ihr denn nicht?

Gewiss, wie könntet Ihr denn zur Arbeit gehen und mit einem Lohn rechnen, wenn Ihr diese Arbeit nicht verrichtetet?

Und auch, wenn Sie nun entgegneten, dass Sie doch keinen Lohn erwarteten, mit welcher Absicht gingen Sie dann zur Arbeit? 

Sehen Sie denn nicht, dass dieser Gedanke in die Irre führt? Wollen Sie denn nicht begreifen, dass die Komplexität eines Lebens weit mehr erfordert, als nur zu atmen? 

Und diese Worte, sind keine Worte einer Missionarin. Es sind auch keine Worte eines Schamanen.
Sie sind der Aufruf einer Rationalistin.

Ihr Blinden. Öffnet die Augen. Und sensibilisiert Eure Sinne.
Man gab Euch Augenlicht, damit ihr seht und nicht damit Ihr geblendet werdet.
Man gab euch Hörkraft, damit ihr lauscht und nicht damit Ihr dem Strom der Klänge folgt.
Man gab euch das Gefühl, damit ihr spürt  und nicht damit Ihr verstumpft.
Und wozu gab man euch den Verstand? Damit Ihr forscht. Damit Ihr hinterfragt. Damit Ihr lernt.
Und wozu gab man euch die Zunge?      Damit Ihr sprecht. Damit Ihr euch mitteilt. Damit Ihr lehrt.

Siehe, Ihr wisst Nichts. Nicht einmal wie wertvoll Eure Sinne sind.

Wie ein Blinder, wie ein Stummer, wie ein Gefesselter irrt Ihr durch das Leben, folgend der Schnur, die euch in die Dunkelheit leitet. 

Selbst ein Planet weiss seiner Funktion besser gerecht zu werden.
Während Ihr diesen nur als ein leuchtendes Gestirn wahrnehmt, hält dieser das Universum in Takt und schenkt 
Euch das Leben, das ihr nun undankbar vergeudet.

Gökcen Freigeist, Istanbul 03.10.11

www.freigeistveben.de

Sonntag, 21. August 2011

Die Seite ist in Arbeit!

Sehr bald werden wir euch mit hautnahen Aufnahmen und Bildern der Istanbul-Inside Stories verwöhnen.
Wir werden sowohl schriftlich als auch über Bildmaterial und Videoaufnahmen euch das Leben in Istanbul vor Augen führen. Wir, zwei junge Studentinnen aus Hamburg, reisen nun aus ins Herz des fernen Orients und werden die spannenden und ereignisreichen Erlebnisse digital festhalten und mit euch gemeinsam teilen.
Was verbirgt Istanbul wirklich? Was zieht jährlich tausende Auswanderer in die Türkei, sprich nach Istanbul?
Seit 2009  wächst die Wirtschaft Istanbuls mit einem Prozentsatz von 11% stürzt Spitzenreiter China von seinem Thron. Istanbul entwickelt sich zu einem der begehrtesten Orte auf dieser Welt.
Wir wollen dieser Frage nachgehen und werden auf eigene Faust das Leben in Istanbul dokumentieren.
Wir nennen es Istanbul- Inside. Denn wir werden nicht von außen anhand von Geschichtsbüchern und selbsterklärten Wissenschaften die Geschehnisse und Entwicklungen beobachten, sondern direkt von innen. Als Einwohner der Stadt am Bosporus.

 Istanbul- Inside wird euch über die neuesten Trends, politischen Folgen, wirtschaftlichen Prozesse, dem Nachtleben und über die schimmernde Leuchtkraft des Imperiums ISTANBUL auf dem Laufenden halten und euch in die Geschichte der Osmanischen Leitkultur verführen.


  Macht euch gefasst auf eine spannende Reise in die tiefen Schluchten und Barrikaden der Istanbul-Affären.


Welcome to Istanbul Inside!